23.06.2024 | Didaktik

Digital lernen IX: Das Domäne-Problem

Wenn Sie ein Restaurant auswählen würden, um Sushi zu essen: Welches würden Sie bevorzugen? Eines, das ausschließlich Sushi anbietet, oder eines, das zusätzlich noch Pizza, Burger und Pasta auf der Karte stehen hat?

Im Fall, dass Sie besonderen Wert auf authentisches Sushi legen, werden Sie vermutlich zum ersten Restaurant tendieren. Man könnte zumindest annehmen, dass hier ein Koch am Werk ist, der sich auf das Zubereiten von Sushi spezialisiert hat.

Ein Restaurant mit mehreren Küchen im Angebot möchte hingegen möglichst viele Geschmäcker bedienen. Und ohne eine Art Super-Koch wird das Sushi unter den anderen Speisen wohl eher nicht herausragen.

Ähnliches gilt sich für die Entwicklung von Lernsoftware und lässt sich als Domäne-Problem bezeichnen. Eine Domäne (englisch: domain) ist kurz gesagt der Spezialbereich, für den eine Anwendung geschrieben wird.

Konkret bedeutet das, dass Programmierer zwar Experten in ihrer eigenen Domäne sind (Programmieren). Sie verfügen aber nicht notwendig über das Domäne-Wissen für das Programm, das sie schreiben sollen, zum Beispiel im Bereich des Sprachtrainings.

Unternehmen, die eine entsprechende Lernanwendung entwickeln und vermarkten möchten, sind somit auf die Beschaffung und Umsetzung von Expertenwissen angewiesen und hieraus ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen Unternehmen und Nutzern.

Das Unternehmen möchte ein Produkt gewinnbringend entwickeln und vermarkten. Der Nutzer möchte eine kostengünstige, auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Anwendung.

In diese Abwägung möchte ein Unternehmen, das einen Sprachtrainer für 20 verschiedene Sprachen entwickelt, möglichst viele Kunden erreichen und hat vermutlich bei der Beschaffung und Umsetzung von Expertenwissen gespart.

An eine Anwendung, die sich an Chinesisch-Schüler und Englisch-Schüler gleichermaßen richtet, würde man wohl zu Recht nicht keine allzu hohen Maßstäbe anlegen – ähnlich wie obigen Beispiel der Restaurants.

Sprachen unterscheiden sich mitunter sehr. Wer daher dem Anspruch des Fremdsprachenstudiums gerecht werden will, muss Sprachtraining als eine gesonderte Domäne annehmen, Sprachtraining Englisch als eine weitere, Sprachtraining Chinesisch als dritte usw.

Wie ich oben bereits beim Medium Buch ausgeführt habe, verhalten sich Quantität und Qualität negativ zueinander. Je allgemeiner und umfangreicher die Anwendung, desto unspezifischer fallen ihre Teilbereiche aus.